Samstag, 16. Mai 2009

russische Gastfreundschaft


Ich komme grade von meinem russischen Tandem und kann mich nur noch in „Käferchenstellung“ ins Bett legen. Käferchenstellung haben Matthias und ich einmal die Stellung genannt die man einnimmt wenn man sich mal wieder übergessen hat (wie wir es regelmäßig beim All-you-can-eat Sushi machen). Dann ist man nur noch in der Lage auf den Rücken zu liegen und mit den Armen und Beinen in der Luft zu fuchteln, wie ein Käfer der auf Grund seiner Leibesfülle nicht mehr auf die Beine kommt. Russische Gastfreundschaft ist halt nix für Menschen die unter Maßlosigkeit leiden. Zwar kann man in den russischen Kulturkreisen Essen ablehnen ohne das es sich wie eine Beleidigung darstellt, aber wer will das schon wenn die russische Küche sooo unglaublich vielfältig und gut ist.
Ich gehe nun seit nun mehr vier Monaten bei meiner Arbeitskollegin ein und aus. Ihre Tochter und ich sind ein deutsch-russisches Tandem Gespann und inzwischen bin ich in der Familie adaptiert. Am Anfang war es mir Recht unangenehm, dass ich immer zu Ihnen kommen wollte, denn in meinem Zimmer ist das mit dem Besuch so eine Sache. Platz genug ja – aber meine Host-Mom sieht es halt nicht so gern. Zu dem hatte ich am Anfang den Eindruck, dass man immer total Aufheben um meinen Besuch macht. Im Laufe der Wochen wurde mir klar, keiner macht irgendein Aufheben…Russen sind einfach cool.
Alles fing damit an das ich zwischen drei und vier bei Ihnen eintraf und erst mal was zu Essen bekam. Es gibt traditionelle russische Küche Suppe (Borsch, Sojanka), Fisch, russische Salate, Pirosch, Bleni, Kiewskii Tort etc. Das bedeutet als erstes bekam ich eine Suppe, dann ein Hauptgericht, dann eine Torte und Tee….genudelt und müde ging es dann zum lernen. Irgendwann Begriff ich dann, man bekommt immer alles was man will zu jeder Zeit. Bei russischen Familien werden die Speisen vorbereitet und so dann über ein, zwei Tage verzehrt. Und ob ein Esser mehr oder weniger am Tisch ist …who cares. Jeder ist herzlich willkommen. Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass ich tunlichst nichts essen sollte bevor ich zu meinem Tandem fahre. Und ich bin schon lange kein Gast mehr – sondern ein Teil der Familie.
Danke schön ;)

Freitag, 8. Mai 2009

Einkaufen


Das mit dem einkaufen ist ja so eine Sache. Wie soll man sich zu Recht finden. Meine ersten Einkaufsexkursionen waren langwierig und kostspielig.
Langwierig weil ich 10 Minuten pro gelesenes Wort benötige und kostspielig weil ich einen Einkaufskorb mit den teuren deutschen Produkten gefüllt hatte, weil ich es aufgegeben hatte zu lesen. So hätte ich also weiter machen können, wenn ich nicht a.) so neugierig auf russische Produkte wäre und b.) mal was frisches wollte.
Ein Apfel oder eine Tomate zu bekommen wurde zum Abenteuer. Natürlich gibt es hier im Supermarkt auch eine Waage zum auswiegen und auszeichnen von Lebensmittel. Aber was macht man wenn man nicht weißt wie der Apfel heißt dem man kaufen möchte, oder die Tomate. Ich habe verzweifelt Schilder gesucht um sie mit den Worten auf der Waage zu vergleichen. Und immer wenn ich was nach gut „dünken“ gedrückt hatte, wurden mir die Sachen an der Kasse abgenommen. Hmmm.
Irgendwann nach dem ich die schimpfende Kassiererin und meine Frischlebensmittel Diät Leid war ging ich dazu über andere Kunden in meine Einkäufe einzubeziehen.
Ich setzte einen flehenden Blick auf, hielt Ihnen meine Tomaten vor die Nase und stubste die zur Waage. Und ….ich esse wieder Salat. Und inzwischen habe ich so ziemlich jede suspekte Dose im Supermarkt probiert. Nur 20% landeten im Müll…ich denke das ist ein guter Schnitt 

Tugenden und Traditionen.


Resümee nach 4 Monaten Russland:

Das Land ist definitiv anders, aber die Menschen sind uns gar nicht so unähnlich.
Ich habe schon andere Tugenden und Traditionen kennen gelernt, aber alles in allem muss ich sagen … freundschaftlichen Kontakt zu finden ist wenn man in Russland arbeitet nicht schwerer als in Deutschland und definitiv leichter als in Lettland. Russen sind gastfreundlich und herzlich – wenn Du kein Tourist bist. Nun muss ich dazu sagen, Russland selbst ist mir bisher verborgen geblieben. Ich habe St. Petersburg und Moskau gesehen, aber noch kein Russland. Derzeit denke ich das ist bisher auch gut so, denn trotz Grundkenntnisse der russischen Sprache bin ich hier in den weltoffenen Metropolen häufig überfordert.
Die wichtigsten Traditionen, Irrtümer und „no goes“.

1. Das schnäuzen in ein Taschentuch
In St. Petersburg (man möge das beachten) ist das schnäuzen in ein Taschentuch ganz
normal. Entgegengesetzt zu unserem Cross Culture Kurs wird das schnäuzen eher als das
hochziehen oder schniefen toleriert.

2. Das verschenken von Blumen
In Deutschland ist es gang und gebe das ungrade Zahlen von Blumen verschenkt werden.
Es hält sich wacker das Gerücht das es Unglück bringt eine grade Zahl zu verschenken.
In Russland gilt ebenfalls eine ungrade Zahl, jedoch bedeutet hier eine grade Zahl, dass
Man seinem Gegenüber den Tod wünscht.

3. Nastrovije
Ein typischer Fall von Tourist. Russen trinken fast immer auf irgentwas anderes. Am
liebsten trinken Sie auf „Mütterchen Russland“


4. Hände schütteln
Ja, auch hier eine gängige Begrüßung. Allerdings sollten die Herren der Schöpfung Obacht
geben. Wenn man ein Pärchen trifft, schüttelt man erst dem Herren die Hand und wartet ab,
ob die Dame die Hand anbietet. Denn zu forsches Auftreten kann als Akt des
„Ausspannens“ gelten.


5. Trink Regel
Leere Sekt, Wein oder Bierflaschen gehören nicht auf den Tisch. Die Flaschen werden
unter dem Tisch gestellt.

6. Glücks-Bustickets
Bustickets haben in Russland eine Nummernfolge z.B. 74 00 56. Wenn ein Busticket eine
sich wiederholende Zahl hat wie z.B. 74 00 74 ist es in Glückticket. Das Glück kann durch
Essen dieses Tickets verstärkt werden.

7. Rucksack
Russen tragen keinen Rucksack. Damit wird man definitiv als Tourist entlarvet. Russen
tragen Plastiktüten

Montag, 27. April 2009

statschu dawei





Ich gehe jeden Samstag meine Arbeitskollegin, bzw. inzwischen ist sie eine liebe Freundin geworden, besuchen. Ihre Tochter und ich haben eine Sprachtandem Verbindung. Meine Freundin wohnt ein wenig außerhalb, dass heißt ich fahre erst mit der Metro und dann mit einer „Marshrutka“. Marshrutka ist ein Kleinbus mit ca. 10 Plätzen. Das Wort Marshrutka kommt von Marschroutenfahrzeug. Das Fahrgeld zahlt man beim Fahrer. In der Regel handelt es ich um 26 Rubel (ca. 55 Cent).
Nun begab es sich eines Samstags, dass ich mit meiner Ma’ telefonierend in eine Marshrutka einstieg. Ich setzte mich direkt hinter dem Fahrer und drückte ihm 106 Rubel in die Hand. Es ist nicht ungewöhnliches das man erst mal auf sein Geld warten muss, also übte ich mich in Geduld. Nach einiger Zeit fragte ich den Fahrer dann, ob er mir denn nicht mein Geld wiedergeben möge. Natürlich auf Englisch – mein russisch reicht einfach noch nicht. Der Fahrer lächelte mich an. Sonst keine Reaktion. Ich versuchte es noch mal, diesmal mit einer Recht eindeutigen Geste, in dem ich Daumen und Zeigefinger rieb mir danach in die Handfläche tippte und sagte „Rubel“. Ich bekam zu hören: „Da, da 26 Rubel“….hmmm. ich wusste genau, dass er wusste was ich wollte…aber was sollte ich machen.

In meiner darauf folgenden Russisch Stunde lernte ich „Statschu dawei“. Was soviel heiß wie „Wechselgeld her!“. Meine Freundin sagte mir zwar, das sei nicht sehr höflich.
Aber was soll ich sagen – der Fahrer war ja auch nicht höflich!

Arztbesuch in Russland


Arztbesuch in Russland

Wer meine Blog fleißig verfolgt kennt ja meine Drei-Monat-Spritzen-Problematik schon. In Riga ein Drama in Russland am Rande der Verzweiflung. Da war es nun so weit, ich war „dran“. Ich benötigte meine Spritze. Diesmal hielt ich mich jedoch für sehr schlau. Ich kann kein russisch, also gehe ich doch mal zu einer internationalen Klinik. Ich habe mir vorgenommen das Ostblocktrauma aus Riga von einem Arzt der nicht freundlich ist, meine Sprache nicht spricht und mich durch die Stadt scheucht zu unterbinden und besuchte die internationale Klinik. Auf der Webseite wurde die Klinik in den Himmel gelobt.
Hochwertige Behandlung nach internationalem Standard. Hier werden sie ich fünf Sprachen betreut: Russisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch. Cool, dachte ich, zwei kannste auf jeden Fall. Ich habe mir einen Termin geben lassen und ließ es mir nicht nehmen mein Problem auch kurz während der Terminvergabe zu schildern. Ich - Spritze, 3 Monate Empfängnisverhütung, gib es das bei euch? Antwort – denke schon, müssen Sie aber mit dem Arzt reden.

Als ich meinen Termin wahrnahm begrüßte mich wirklich internationaler Standart.
Das Foyer war in Marmor und alle hatte eine schöne weiße Uniform an. Da hätte mir schon ein Licht aufgehen müssen – die wollen Geld von Dir – viel Geld.
Aber ich wollte die Spritze und möglichst dieses Mal ohne Probleme. Rein – Hose runter- picks – raus. So hatte ich mir das vorgestellt.
Nix da. Ich bekam eine Doktorin die zwar englisch sprach, aber mir deutlich zu verstehen gab – ich solle russisch reden. Ich dachte bloß…super! Soll ich bei Dir ein Tee bestellen oder dir eine gute Reise wünschen. Denn das ist der Stand der Dinge meiner russischen Kenntnisse.
Nun gut…englisch ging wohl so. Ich erklärte Ihr mein Problem, Sie nickte und sagte: „ First I will check if you are healthy enough, than I will call our pharmacy to check if we can mix your injection.” Mein zweiter Fehler. Ich hätte die Dame überzeugen müssen erst zu telefonieren. Keine drei Minuten später saß ich auf dem Stuhl und hörte die Doktoren murmeln: „you have a big opuchol“. „Opuchol“????? Was ist das, hatte ich noch nie gehört.
Sie wiederholte es mehrmals und sagte mir dann, ich solle mich anziehen. Sie „will paint a picture“ – klar wollte immer schon mal sehen wie ich so „da unten“ als Ölgemälde aussehe.
Nun malte Sie …mir schwante Böses und ich wurde nervös. Danach telefonierte sie dann mit der pharmacy mit dem Ergebnis: „ Keine Spitze!“ Gibt es in Russland nicht. Aber dafür denkt Sie ich hätte wahrscheinlich „HPV“ und Sie müsse eine „Analysis“ machen – TOLL!
Ich erklärte Ihr eine Analyse wäre nicht notwendig, denn ich wäre in drei Wochen wieder in Deutschland. Also ging ich meiner Wege – ein „Opuchol“ und ein „HPV“ reicher und satte 140 EUR ärmer. Die 140 EUR schockten erst nicht ….denn ich hätte einfach nur Sorge – was ich ein „Opuchol“ und ein „HPV“? Unter Tränen rief ich Schatz an – mit Frauenproblemen.
Er konnte mir erklären was „HPV“ ist, aber das „Opuchol“ blieb ein Rätsel. Jedenfalls bis zum nächsten Tag, denn in den Glauben das ein „Opuchol“ ein englisch Fremdwort ist was LEO nicht kennt habe ich meinen Kollegen davon erzählt. Die klärten mich auf das „Opuchol“ das russische Wort für Wucherung sei…noch mehr Sorgen.


Drei Wochen später…
Meine Frauenärztin untersuchte mich auf „HPV“ und dem “Opuchol“
Beides nicht zu finden… ich bin kerngesund!
Bis auf das bluten meiner Geldbörse.



Tipp:
Nehmt euch eine Arbeitskollegin, Studienkollegin oder eure Vermieterin mit zu einem russischen „Feld, Wald und Wiesen“ Arzt irgendwo in Russland. Denn zwei Wochen ungutes Gefühl und 140 EUR ärmer sind es nicht wert.

Appendix: Visum

Anhang zu Visum erhalten ist nicht schwer – der Behördengang dazu jedoch sehr

Da ich meine Blogs gekürzt und bearbeitet für meinen Auslandsbericht benutzen möchte kommt jetzt die wahre Geschichte:

Das Visum in Hamburg bei Generalkonsulat zu beantragen ist echt „easy“ wenn man weiß wie es geht und man nicht Tanja*ich liebe das spannende Leben und mit mir wird es nicht langweilig* heißt.
Es war nämlich so:

Donnerstag 16.04.09:
Tanja fährt mit Ihrem Schatz nach Hamburg. Ohne nennenswerte Staus, Verirrungen oder Umwege kommen wir 1,5 Stunden später beim Generalkonsulat Russland an – zu erkennen an der langen Schlange von verzweifelt, genervten Menschen vor dem Tor. Wartezeit vor dem Tor war 20 Minuten. Weitere 20 Minuten vor dem Schalter Zwei gewartet, Pass und Antrag abgegeben und einen Abholtermin am 21.04.09 bekommen. Sicherheitshalber noch mal gefragt: „Jetzt muss ich das Visum nur noch abholen“ – Stimme aus dem Schalter mit getönten Scheiben: „Ja“ – ENDE. Russische Freundlichkeit. Wie schon mal gesagt, Russen sind nicht unfreundlich nur wortkarg.

Dienstag 21.04.09:
Tanja fährt mit Ihrem Schatz nach Hamburg. Ohne nennenswerte Staus, Verirrungen oder Umwege kommen wir 1,5 Stunden später beim Generalkonsulat Russland an – zu erkennen an der langen Schlange von verzweifelt, genervten Menschen vor dem Tor. Wartezeit vor dem Tor war 20 Minuten. Weitere 20 Minuten vor dem Schalter Zwei gewartet, Pass und Geld durch den Schlitz geschoben.
Stimme aus dem Schalter mit getönten Scheiben: „ Was ist das?“
Ich: „ Ich wollte mein Visum abholen!“
Schalter (tiefseufzender Diplomat – eindeutig und offensichtlich denkend- Scheiß deutsche blonde Studentinnen – kein Wunder das Deutschland die Wirtschaftkriese hat): “Das müssen Sie doch erst bezaaaahlen!“
Ich: „Wie????, dachte das muss ich bei Ihnen????“
Schalter: „ Nein!“ - endloses Schweigen
Ich: „Wo?“
Schalter: „Kasse!“ - endloses Schweigen
Ich: „Wo isn die?“
Schalter: „Raus und dann rechts“

Tanja – raus und dann rechts…
Weitere 30 Minuten anstehen. Inzwischen ist es 13.20h. Was ich nicht wusste – die Kasse schließt um 13.00 Uhr. Endlich war ich an der Reihe. Ich lege der Dame den Pass und das Geld auf den Tisch.
Dame: „nur mit Karte“
Ich: „hääh?“
Dame: „Haben sie keine Kreditkarte oder Bankkarte!“
Ich: „Nein, momentan nicht!“
Dame: „Dann kommen Sie morgen wieder“
Ich(flehenden seufzenden und anbettelnden Ton): „Kann ich schnell meinen Freund holen, der hat eine Karte“
Dame: „ich habe seit 20 Minuten Mittagspause“
Ich (Tränchen hervordrück): „Bitteeeeeee!!!!!“
Dame: „Gehen Sie…holen Sie Freund“

Tanja von 0 auf 100 – schneller als jeder Sportwagen zum Schatz. Schatz hatte ich ja wieder verpisst. Raucher die blöden. Nach dem ich den Schatz im Auto geortet habe, stürmte ich winkend mit hochgerissenen Armen und wild gestikulierend auf Ihn zu. „Scheiße! Komm sofort her! Ich brauche Deine Karte!“
Ich fürchte wenn mein Schatz graue Haare bekommt – ich bin Schuld!

Ich bin dann mit Schatz in Kassenhäuschen – natürlich erst nachdem ich eine russisch, deutsch, englische Konversation am Tor mit dem Torwächter hatte der mich erst nicht wieder einlassen wollte – „alles closed“
Die Dame verdrehte die Augen rechnete mich dann aber doch ab und verschwand in Ihre Mittagspause. Ich musste dann noch eine Stunde warten, bis der Diplomat (Schalter mit getönter Scheibe) aus der Mittagspause wieder da war, um den Pass mit dem Bezahlschein abzugeben. Die Kasse wurde nicht wieder geöffnet. Also hatten die Tränchen Ihre Pflicht erfüllt.

Donnerstag 23.04.09:
Tanja fährt mit Ihrem Schatz nach Hamburg. Ohne nennenswerte Staus, Verirrungen oder Umwege kommen wir 1,5 Stunden später beim Generalkonsulat Russland an – zu erkennen an der langen Schlange von verzweifelt, genervten Menschen vor dem Tor. Wartezeit vor dem Tor war 20 Minuten. Weitere 20 Minuten vor dem Schalter Zwei gewartet. Diesmal mit dem Schatz an meiner Seite (vielleicht brauche ich seine Karte noch). Schatz konnte sich dann irgendwie gar nicht einkriegen. „Ich dachte eine Botschaft ist immer Repräsentativ?“ hörte ich Ihn murmeln…“Das sieht ja aus hier“.
Ich sagte nur: „ Es ist repräsentativ!“ Denn mein Schatz war noch nie auf einem Amt in Russland J

Ich bekam anstandslos von dem Schalter mit getönter Scheibe meinen Pass mit dem korrekten Visum.

Sonntag, 26. April 2009

Visum erhalten ist nicht schwer – der Behördengang dazu jedoch sehr


Nach dem ich wirklich einige Horrorgeschichten gehört habe über die Zuteilung des Visums hatte ich schon ziemlich Panik gehabt mir ein Visum zu besorgen. Wie es sich herausstellte war das alles auch gar nicht so einfach. Wieder mal ist die Bürokratie der Stolperstein und nicht die Willkür der Russischen Beamten.
Alles fing damit an das ich beschlossen hatte mein Visum selbst zu besorgen. Meine Mitbewohnerin hatte sich ein Visum für Mexiko besorgt und hatte mir einige Tipps gegeben, also beantragte ich mit meinem Halbwissen das Visum etwa 4 Wochen vor Reiseantritt in Berlin bei der Russischen Botschaft. Leider war es nicht ganz so einfach, denn das Konsulat in Berlin ist nicht für mich zuständig, also bekam ich alle meine Unterlagen wieder zurück mit dem Vermerk ich müsse mich in Hamburg melden – persönlich. Da ich aber schon unter enormen Zeitdruck stand entschied ich mit für einen Visumservice. Dies war die falsche Entscheidung. Zwar musste ich nur meine Unterlagen dort hinschicken und bekam auch schnell mein Visum – aber der Spaß kostete 391 EUR und ich bekam ein komplett falsches Visum. Das bemerkte man jedoch erst in Russland bei der Registrierung. Ein richtiger und guter Visumsservice veranschlagt 25 EUR Service und max. 25 EUR für eine Einladung. Die aber auch, grade im Praktikum vom Praktikumsunternehmen ausgestellt werden kann. Das Visum selbst sollte im Express für 3 Monate nicht mehr als 70 EUR kosten (Stand: April09). Mit mehr als 10 Werktagen kostet es sogar nur 35 EUR. Ein 6 Monatiges Visum erhält man nur, wenn man schon mal eine Einreise in Russland hatte, den Kostenpunkt kann ich hier allerdings nicht sagen. Aber erst mal ein paar Worte zu den Unterlagen: Um ein Visum zu beantragen benötigt man einen gültigen Reisepass - mindestens drei Monate länger gültig als das Ausreisedatum, eine Einladung vom Innenministerium bzw. sonstige berechtigte Institution, ein Auslandskrankenversicherungsnachweis und ein Passbild. Das Passbild sollte 35 x 45 mm sein und wird auf den Visumsantrag geklebt (mit Uhu – nicht tackern) werden. Der Visumsantrag sollte direkt am Computer oder mit Kugelschreiber in Druckbuchstaben eingetragen werden.
Wie gesagt ich habe mein erstes Visum zu einem völlig überzogenen Preis beim Russland Visum24 bekommen – nicht zu empfehlen. Ich hatte gedacht mein Visum ist 6 Monate gültig, allerdings belehrte mich die Dame bei meiner Registration, das dem zwar so sei, ich aber innerhalb dieser sechs Monate nur 90 Tage bleiben dürfe…. Was mir also nur drei Monate einbrachte. Also bin ich nach 90 Tage ausgereist und habe ein neues Visum auf eigener Faust in Hamburg persönlich beantragt. Das ging erstaunlich einfach, wenn man weiß wie es läuft.
Also Antrag ausfüllen, Unterlagen siehe oben mitnehmen, lange, lange, lange anstehen – nach zwei Minuten alles vorbei. Die Unterlagen werden geprüft und dann kann auch schon im Kassenhäuschen gezahlt werden. Danach Abholen – fertig!

Ich bin zu Hause


Über das Wort zu Hause habe ich mir nie Gedanken gemacht. Wie ich schon oft erwähnt habe komme ich aus einem normalen Elternhaus. Zwei Eltern die seit 35 Jahren verheiratet sind und immer noch glücklich – da mein Bruder und ich nicht mehr zu Hause leben und die Beiden keinen Scheihn wahren müssten gehe ich mal davon aus. Sie haben mir immer Sicherheit und ein zu Hause gegeben, deshalb ist es völlig unverständlich dass ich in der Vergangenheit immer gerne weg gegangen bin. Meine längeren Auslandseskapaden haben mir immer Spaß gemacht. Und ich habe oft darüber nachgedacht warum mich nichts „zu Hause“ hält. Nichts ist vielleicht falsch gesagt, warum Deutschland mich nicht zu Hause hält. Ich fühlte mich nie wirklich als Deutscher. Diese Strukturbesessenen, korrekten und disziplinierten Langweiler. Ja, genau das habe ich von uns Deutschen gedacht.
Je öfter ich in Ausland gehen durfte, desto häufiger wollte ich ins Ausland - zu den Menschen die anders sind. Ich habe allerdings nie meine Herkunft verleugnet oder ihr den Rücken gekehrt. Ich habe mein „Deutschland“ so wie ich es sah, nur sehr kritisch beäugt. So kritisch, das es mir schwer viel etwas Positives zu finden.
Jeder der mich kennt weiß das ich nicht zu den Leuten gehöre die abends beim Stammtisch die Welt beweinen, ich bin positiv und habe immer gedacht – wenn das was ich will Deutschland mir nicht bieten kann – dann ein anderes Land. Tja und auch da gibt es zweierlei Menschen - die, denen klar ist – im Ausland wird es auch nicht einfacher – eher schwerer. Und die, die bei RTL „die Auswanderer“ einen Sendeplatz belegen, weil Sie denken: „auf der anderen Seite ist das Gras grüner“ und dementsprechend ein halbes Jahr später bei der RTL Sendung „die Rückwanderer“ landen. Nun für mich stand fest – so einfach ist das alles nicht. Und so prüfe wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Besseres findet. Viele von euch lesen ja nicht nur meinen Blog sondern werden auch mit meinem Status im Facebook konfrontiert in dem ich mehrere mal schon gesagt habe das ich Russland liebe. Und das tue ich auch! Inbrünstig! Und ich könnte mir sogar vorstellen hier zu leben – wobei ich habe festgestellt das das Leben hier noch viel härter ist als in allen anderen Ländern sie ich bisher bereist habe (nur Europa). In meinen Augen ist es leichter 100 EUR zu verdoppeln als 100 Rubel.

Da ich nun wieder sehr abgeschweift bin… noch mal zum Kern. Ich bin seit genau 8 Monaten im Ausland (mit Heimatbesuchen) und was soll ich euch sagen…ich habe ein zu Hause!
Was mein zu Hause ist wurde mir heute klar, als Die Maschine von St. Petersburg zum Landeanflug auf Frankfurt ansetzte. Ich sah den Frankfurter Flughafen und die vermeidlich hunderte von Lufthansa Maschinen auf dem Rollfeld. Und in dem Moment konnte ich mein Glück nicht fassen und mir kamen die Tränen – Ich war zu Hause.
Ich fühle mich diesem Land zugehörig, es ist mein zu Hause und jetzt endlich kann ich es auch als solches betrachten. Während meiner Studentenzeit in Lettland und meinem Praktikum in Russland habe ich einfach gemerkt – ja, ich bin strukturbesessen, korrekt und diszipliniert
Aber nein, ich bin nicht langweilig! Das habe ich meinen Reisen, meinen Erfahrungen und meine Achterbahnen Leben zu verdanken. Das Leben was „Zu Hause“ sein Ursprung hat und was mich zu dem macht was ich bin. Eine Deutsche.

Montag, 9. März 2009

Der Rubel muss rollen...


…doch nicht für jeden. Ich habe mir über dieses Thema vor meiner Zeit in Russland nie Gedanken gemacht. Natürlich war mir bekannt, das es eine Inflation gibt und das Menschen bzw. die Wirtschaft unter so was leiden kann. Aber ich lebe seit dem ich denken kann in einem Land wo es eine stabile Währung gibt, zugegeben 11% Inflation gibt es auch beim Euro und das ist die höchste Inflation seit Jahren, aber für unser eins wird immer nur alles teurer. Mein Gehalt wird nicht weniger. Inflationsangleichungen werden in großen Firmen automatisch gemacht, natürlich keine 11% aber immerhin regelmäßig ein bisschen. Bafögsätze und Sozialhilfe werden erhöht und auch die Gehälter werden mehr. In Russland ist das etwas anders. Denn hier ist die Inflation ersten über 30% und zweiten passiert das innerhalb von drei Monaten. Als ich das erste Mal Russland besuchte, habe ich für ein Liter Milch genau 23 Rubel bezahlt. Das war im Oktober und der Rubel stand 36 Rubel = 1 Euro. Inzwischen kostet meine Milch 30 Rubel zu einem Kurs von 46 Rubel = 1 Euro…das ist in Euro Worten 0,56 EUR zu 0,53 EUR…wird sich jeder denken und sagen: Wo ist das Problem? Das Problem ist jedoch das eine Angestellte 800 EUR verdient, das waren im Oktober ca. 29000 Rubel und sind heute immer noch 29000 Rubel…auch wenn es laut Umrechung nur noch 690 EUR wert sind. In solchen Momenten bin ich dankbar, dass mein Bafög erhöht wurde und das ich Euro bezahlt werde, bekomme aber auch ein schlechtes Gewissen…denn ich komme nie mit meinem Geld hin. Für die Kollegen hier ist das allerdings ein echtes Problem, die Diskussionen werden regelmäßig geführt. Mein Praktikumsunternehmen verspricht die Situation im Auge zu behalten, aber das braucht Zeit. Übrigens das Durchschnittsgehalt liegt laut dem Russland Journal bei 500 Euro, stand Jan09.

Körperkontakt mit System – Metro in Russland


Ich habe oft von der Metro in Russland gehört, wie beeindruckend und schön sie sein sollte.
Ich habe dann immer gedacht, wie kann eine Metro schön sein? Inzwischen kann ich die Russen verstehen. Nicht nur das die Gebäude und Gewölbe Kunstmusen entsprechen, sondern auch das System das die Russen benutzen um den Berufsverkehr zu überleben. St. Peterburg hat etwa 5 Mio. Einwohner und wenn man morgens um 08.30 die Metro betritt gewinnt man den Eindruck, dass 2,5 Mio. Menschen davon mit der Metro zur Arbeit fahren.
Die Gänge sind überfüllt und vor den Rolltreppen staut es sich. Die Rolltreppen werden je nach Frequentierung von den Bediensteten umgestellt. Morgens führen somit zwei Rollstreppen in den Untergrund und eine hinaus und abends führen zwei Rolltreppen aus dem Untergrund und eine hinein. Auch hier gilt es wie in London, rechts stehen, links gehen und anstatt „mind the gap“ hört man hier „Ostorojno, dweri sakriwajutsja“ was soviel heißt wie „Türen schließen“. Dieser Satz wird vielen Handtaschen, Mäntel und Extremitäten zum Verhängnis, den anders wie in ich es aus Bremen kannte sind hier die Türen nicht mit einem Sensor versehen, der bei Widerstand die Tür noch mal öffnet. Frei nach dem Motto: „Wenn zu - dann zu“ Trotz der hohen Frequentierung bleibt häufig die zu erwartende Drängelei aus. Es gibt scheinbar ein unausgesprochenes System.
So konnte ich folgendes System während meiner unzähligen Fahrten mit der Metro feststellen. Es gibt zwei Arten von Haltestellen, die einen haben einen langen Bahnsteig wie man es von deutschen Bahnhöfen kennt. Hier gilt es eine bestimmte Beobachtungsgabe an den Tag zu legen. Dort wo die weißen Begrenzungsstreifen und den Bahnschacht abgenutzt sind, sind zu meist die Türen. In diesem Bereich wird sich bereits in einer Zweierreihe postiert. Immer schön einer nach dem anderen wie eine Perlenkette. Bei den anderen Haltestellen gib Türen in einer Wand, die einem den Zugang zum Abteil ermöglichen. Diese Türen öffnen sich beim Eintreffen der Untergrundbahn. Aber auch hier gilt das gleiche System, immer schön rechts und links anstellen. Wenn die Bahn nun eintrifft, werden erst mal die Menschenströme in die Freiheit gelassen. Danach beginnt der Zustieg. Der Zugstieg erfolgt nach dem System „nur ein Stop“, „zwei bis drei Stop“ oder längere Fahrt. Die Damen und Herren die eine längere Fahrt vor sich haben strömen in die Mittelgänge zwischen den Sitzreihen um ggf. einen Platz zu bekommen. Die „zwei bis drei Stop“ Kategorie, geht in die Bahn zur gegenüberliegenden Tür und dreht sich mit dem Gesicht zur Eingangstür. Zu guter letzt die „ein Stop“ Kategorie, diese Kategorie versucht sich während der Einstiegsphase unsichtbar zu machen und positioniert sich dann direkt vor die Eingangstür. Dann noch „die Nase einziehen“ und dann kann es losgehen. Ich bin immer furchtbar beeindruckt das das System funktioniert. Am Anfang habe ich mich diesem System nicht wissend widersetzt und habe dadurch oft schimpfe bekommen, oder sogar meinen Ausstieg verpasst weil zu viele Menschen im Weg standen. Wenn man sich jedoch einfügt, kann man bequem ohne unsittliche Berührungen und mit seinem Geldbeutel ans Ziel kommen. Denn nur Touristen fallen hier auf .

Sonntag, 1. Februar 2009

Meine Arbeit in St. Petersburg


Das ist die gefrohrende Neva. Es ist heute am 01.02.09 -17 Grade und die Welt sieht schön aus.
Fotos von meinen Kollegen gibt es bei nächsten Mal...denn ohne ok von denen, werden keine veröffentlich
Meine Arbeitsstelle

Inzwischen arbeite ich ja schon 2 Wochen und 2 Tage und kann mit voller Überzeugung sagen. Ich bin ein Glückspilz.
Ich meine da hat man einem Praktikumsplatz in der schönsten Stadt Europas, bei dem in meinen Augen tollsten Arbeitsgeber Deutschlands und man ist nicht nur zum Kaffee kochen und Faxen da. Obwohl…eigentlich weiß ich nicht wirklich ob das meine Aufgaben wären. Denn wenn das Büro eine normale Kaffeemaschine hätte und kein Faxgerät was man manuell anrufen muss und nur russisch mit einem spricht, wäre ich vielleicht doch dafür verantwortlich. Ich habe nämlich auch in dieser Beziehung Glück, Sie haben einen Kaffeeautomaten – Ich bin im Himmel!

Ich habe natürlich auch Kollegen – und Ihr werdet es nicht erraten, auch diese sind bisher noch perfekt. (Ich sollte eine Stecknadel mitnehmen und deren Echtheit zu überprüfen). Die wichtigsten werde ich mal verraten:

Da gibt es zum einen Natalija, sie ist PA unseres Chefs Bart. Natalija ist irgendwie der Dreh und Angelpunkt im Büro. Sie ist die gute Seele und hat irgendwie total den Überblick und ist die Ruhe selbst. Hinzukommt das Sie auch noch eine wundervolle Familie hat, die ich auch schon kennen lernen durfte. Sie kümmert sich ein bisschen um mich und sorgt dafür das ich nicht vereinsame.

Dann gibt es Olga. Olga ist ein Sonnenschein. Olga lacht immer und das bringt mich zu lachen. Es fällt mir echt schwer die nette, kompetente Praktikantin zu sein und nicht die durchgeknallte, im Büro singende und blöde Witze erzählende Tanja. Aber ich will noch einen guten Eindruck machen. Zumal ich „Das“ sowieso nach dem Studium ablegen muss.
Olga ist der Sales Support und momentan mächtig schwanger.

Dann gibt es noch Slava, Slava ist glaube ich sozusagen, Mädchen für alles. Er ist ständig beim Konsulat und macht irgendwelche wichtige Botengänge. Irgendwie macht er für mich den Eindruck eines Concierge. Alle vertrauen Ihm, er hat immer wichtige Sachen zu erledigen und er ist sehr beliebt.

Und zu guter Letzt mein Chef Bart, Bart ist glaube ich ein guter Chef. Ich habe Ihn noch nicht häufig gesehen und hatte erst zwei Meetings mit Ihm. Er bezieht mich in wichtige Sachen mit ein und ist was meine Aufgabe angeht sehr enthusiastisch. Er hat viel mit mir vor und erwartet auch eine ganze Menge von mir. Er ist sehr sympathisch und ebenfalls sehr beliebt.

Meine zukünftigen Aufgaben sind recht einfach zu beschreiben, ich werde in Zukunft Olga Vertretung sein. Ich werde die Aufgaben einer Sales Support übernehmen. Ich bin darüber sehr glücklich, denn dieses Aufgabengebiet ist eines der Interessantesten im Airline Business.
Ich beschäftige mich mit Sales Reports, Organisation und Steuerung. Und es ist die Beste Vorbereitung die ich für meinen zukünftigen Job haben kann. Denn ich darf mit den großen spielen.

Mein Zimmer in St. Petersburg

Über mein Zimmer gibt es nicht soviel zu berichten. Mein Zimmer hat vier Wände. Nein, im Ernst. Ich habe eigentlich ein schönes Zimmer. Es ist 16m² groß und hell. Was für St. Petersburger Verhältnisse eher ungewöhnlich ist. Meist sind Zimmer hier klein und dunkel. Ich zahle 300€ Miete. Ich habe ein Bett, was furchtbar knarrt…ich denke Matthias wird wenn ich wieder zu Hause bin mehr mal testen müssen ob ich noch leben. Denn ich fange an, mir das schlafen ohne unnötige Bewegungen anzugewöhnen. Dann habe ich noch einen Schreibtisch, einen Esstisch, einen Frisiertisch und ein Kleiderschrank. Gemeinsam mit meiner Vermieterin nutze ich ein Bad, ein Klo und eine Küche.


Das Bad, das Bad ist sauber! Und darüber bin ich grundsätzlich froh. Allerdings hat dieses Haus keine Mischbatterie. Das heißt…entweder heißes oder kaltes Wasser. Die Wärme des Wassers wird über die Therme geregelt, sehr umständlich. Man muss ständig im Bademantel von der Therme zum Wasserhahn und zurück laufen. A pro pro – Wasserhähne dürfen nicht fest zugedreht werden – sonst bricht man sie ab. Während die Waschmaschine läuft darf ich den Computer nicht benutzen. Es könnte die Stromversorgung im ganzen Umkreis lahm legen. ???
Ich bin fürs Bad putzen zuständig.




meine ersten Erfahrungen mit der Handwäsche ...
...jetzt kann ich mir auch mal was kaufen was nur mit der Hand gewaschen wird...





die Küche








Mein Zimmer

Meine Reise nach St. Petersburg


kann mir ja kaum vorstellen, dass ich so viele treue Leser habe, die sogar meinen Blog anmahnen. Nun gut - auf zum Erlebnis Russland.

Am Anfang war der Flug…
Und ich wäre nicht ich wenn mir nicht schon auf den Flug was Seltsames passiert wäre. Mein Flug war über Berlin nach St. Petersburg mit Air Berlin. Ich weiß, ich werde schon zum Unternehmensverräter bevor ich meine Praktikumsstelle antrete. Aber was sollte ich machen…das Lufthansa Ticket war einfach preislich indiskutable. Das Publikum im Flug war sehr gemischt. Ich schätze, die hälfe russisch Stämmig und die hälfe deutsch Stämmig. Neben mir saß ein deutscher Geschäftsmann der den ganzen Flug über mit irgendwelchen Tabellen beschäftigt war. Vor uns, wir saßen nämlich in der zweiten Reihe, saßen eine Familie mit ihrem Baby. Das Baby war in einem Baby Basienett an der ersten Wand befestigt. Der Flug war gut, das Personal freundlich und aufmerksam – es gab diesmal keine hübschen Stewards aber ich war zufrieden. Was bei mir begründet durch meine Flugangst nicht schwer ist, denn ich will nur unten ankommen – dann ist der Flug schon exzellent. Kurz vor Ende des Fluges baten uns die Stewardessen unsere Tische hoch zu klappen und die Sitze in eine aufrechte Position zu stellen. Was alle, fast alle auch taten. Die Dame der Familie vor uns interessierte sich nicht wirklich für diese Durchsage und ignorierte diese Prompt. Mein Sitznachbar, der Geschäftsmann, wurde daraufhin etwas stutzig. Ich habe ihn schon angemerkt das er während des Fluges schon nicht ganz glücklich mit dem zurückgelehnten Sitz war, aber er hat sich tapfer gehalten und fleißig seine Tabellen gelesen. Nun wurde es Ihm aber offensichtlich zu unangenehm…er räusperte sich und bat in einem sehr freundlichen, aber bestimmenden Ton die Dame ihren Sitz nach vorn zu stellen, denn er könne nicht – im Falle eines Notfalls – in die Sicherheitsposition gehen falls Sie so sitzen bleiben würde. Er sprach die junge Frau auf Englisch an, was Sie auch wohl verstand – denn Sie sagte nur: „Are you stupid or what?“ „No one cares about!“. Der Geschäftsmann schaute mich verständnislos an. Nach kurzen zögern versuchte er es wieder. Immer noch freundlich bat er die junge Mutter nochmals doch bitte, und das klang fast schon flehend, Ihren Sitz in eine aufrechte Position zu stellen. – keine Reaktion. Ratloses Gesicht, ein Schulterzucken und dann der Griff zum „Service-Knopf“. Binnen zwei Minuten stand eine gut riechende, wie aus dem Ei gepellte Stewardess bei uns. Der Geschäftsmann erklärte Ihr die Situation. Und nun starte die Stewardess einen Versuch. Ganz nach Richtlinie, fragte sie die Frau ob sie Englisch oder deutsch sprechen könne. Natürlich verneinte diese – das hinterhältige Biest. Unser „roter Engel“ lies sich aber nicht beirren und erklärte Ihr in Zeichensprache, wie Sie den Sitz in einer aufrechten Position erhalten könnte. Die junge Mutter folge das Beispiel und stellte den Sitz grade und lächelte. Der Geschäftsmann und ich, wir hatten inzwischen eine auf Solidarität basierende Freundschaft und trauten unseren Augen nicht. Schulter zuckend und kopfschüttelnd vertiefte sich mein Sitznachbar wieder in seine Tabelle. Für ganze 30 Sekunden. Denn kaum war die Stewardess außer Blickweite – wrrruukk, da war der Sitz wieder in einer Liegeposition. Nun war mein Sitznachbar sauer. Mit erhobener Stimme sagte er: „I know that you understand me, please take your seat in an upright position. Otherwise I will do it!“ Durch den Lärm den der Streit zwischen den Beiden verursachte, kam nun auch die Stewardess wieder angerauscht. Inzwischen hatte auch diese gehört, dass die junge Mutter sehr wohl englisch sprach und wie sich herausstellte ganz gut verstand was man von Ihr wollte. Nun machte Sie die Stewardess Sie nochmals energisch darauf aufmerksam das Sie bitte den Anweisungen Folge zu leisten hat. Daraufhin entgegnete die junge Mutter

- Nein, wer das zu sagen hätte
- Ich habe das zu sagen und Sie werden jetzt Ihren Sitz aufrecht stellen
- Wir sind jetzt in Russland, da haben Sie gar nichts zu sagen
- Solange Sie sich in einer Maschine einer deutschen Airline befinden, befinden Sie sich in Deutschland und das bedeutet Sie werden Ihren Sitz aufrichten.

Ich weiß nicht welches der Argumente nun endlich die Verhaltens Änderung ausgelöst hatte. Die Tatsache, dass Sie sich trotz russischen Luftraums immer noch auf deutschen Boden befand, oder die Tatsache das inzwischen eine zweite Stewardess angerückt war. Letztendlich waren wir innerhalb der nächsten zehn Minuten auf den Boden. Mich hatte der Vorfall so abgelenkt das ich nicht einmal an sterben oder Absturz gedacht habe. Und eine Lehre habe ich für die nächsten Monate in Russland gezogen – ich bin jetzt in Russland, hier gelten nicht mehr meine Rechte J